Eine Vielzahl komplexer Natur- und Wirkstoffe sind chirale Moleküle, die eine oder mehrere stereogene Zentren besitzen. Eine Voraussetzung für ein chirales Molekül ist die fehlende Drehspiegelachse Sn, so dass Bild- und Spiegelbild des Moleküls nicht deckungsgleich sind. Zur Unterscheidung werden die beiden möglichen Moleküle als Enantiomere bezeichnet. Mit Ausnahme der Drehrichtung linear polarisierten Lichts, besitzen die Enantiomere in einer nicht chiralen Umgebung die gleichen physikalischen Eigenschaften. Allerdings kann die Wechselwirkung beispielsweise zwischen Enantiomeren und chiralen Rezeptoren im menschlichen Organismus sehr unterschiedlich sein. Aus diesem Grund sind enantiomerenreine Substanzen in der Agrochemie, Pharma-, Lebensmittel- und Aromastoffindustrie besonders von Bedeutung.
Verschiedene Methoden haben sich für die Gewinnung enantiomerenreiner Verbindungen etabliert. Eine einfache Möglichkeit ist die Synthese beider Enantiomere mit anschließender Trennung. Die sogenannte Racematspaltung erlaubt eine maximale Ausbeute von 50%. Zudem bietet der „Chiral Pool“ mit enantiomerenreinen Naturstoffen eine Basis für vielfältige Synthesebausteine, deren vordefinierte Stereozentren in die gewünschten Produkte eingebaut werden können. Die wichtigste und eleganteste Möglichkeit ist die gezielte stereoselektive Darstellung von chiralen Molekülen mittels asymmetrischer Synthese. Ziel dieser Variante ist die Herstellung der Enantiomere in ungleichen Mengenverhältnissen, beziehungsweise die ausschließliche Bildung des bevorzugten Enantiomers. Voraussetzung hierzu ist, dass sich eine prochirale Verbindung während der Transformation zum Zielmolekül in einer chiralen Umgebung befindet.