Die Anwendung von Simulationsprogrammen für den Spritzgießprozess erlaubt bereits in einem frühen Stadium der Formteil- und Werkzeugkonstruktion Aussagen über die im Werkzeug ablaufenden Fließvorgänge. Die Güte der Berechnungsresultate ist jedoch eng mit den verwendeten rheologischen Materialmodellen und die in die Modelle eingehenden Materialparameter verknüpft. Da die Struktur und das Zusammenwirken der einzelnen Komponenten von Kautschukmischungen noch nicht vollkommen verstanden werden und daher nicht umfassend mathematisch modellierbar sind, werden rheologische Zustandsgleichungen verwendet, die sich im Bereich Thermoplaste etabliert haben. Aber auch hier werden bereits grundlegende Vereinfachungen vorgenommen, wie die Vernachlässigung des viskoelastischen Materialverhaltens sowie der dehnrheologischen Eigenschaften der Schmelze. In dieser Arbeit werden daher beide Aspekte näher betrachtet und um die Analyse der Möglichkeiten und Grenzen der Spritzgießsimulation erweitert. Für die dehnrheologische Charakterisierung von Kautschuckmischungen wird die Anwendbarkeit eines Pressrheometers untersucht. Insbesondere erfolgt hier eine detaillierte Analyse eines bestehenden Auswertemodells. Die Herleitung eines neuen Modells und eine erste Bewertung schließen dieses Kapitel ab. Die Simulation des Spritzgießprozesses von Elastomeren wird im folgenden Teil näher betrachtet. Zum einen werden die aktuellen Möglichkeiten dargestellt, die sich durch die erst seit kurzem in der industriellen Anwendung befindlichen 3-dimensionalen Berechnung ergeben. Zum anderen werden die derzeitigen Grenzen herausgearbeitet, wobei ein besonderes Augenmerk auf die der Simulation zu Grunde liegende rheologische Zustandsgleichung sowie deren Eingangsgrößen gerichtet wird. Ein offensichtliches Defizit aktueller Simulationsprogramme für den Spritzgießprozess von Elastomeren ist die Verwendung einer rein viskosen Zustandsgleichung. Diesem Mangel kann jedoch von numerischer Seite erst begegnet werden, wenn die prinzipielle Anwendbarkeit viskoelastischer Zustandsgleichungen für Kautschukmischungen gezeigt wurde. Hierzu müssen die zugehörigen Materialparameter zuverlässig identifizierbar sein. Im letzten Teil dieser Arbeit wird daher die Anwendbarkeit des in der Elastomer verarbeitenden Industrie bekannten Rheometers RPA 2000 zur Bestimmung der Parameter der viskoelastischen Zustandsgleichung nach Wagner diskutiert.
Rainer Capellmann
Beiträge zur Materialcharakterisierung von Elastomeren und zur Simulation des Spritzgießens
216 Seiten
Paperback
Reihe : IKV
Bandnummer : 125
ISBN : 978-3-89653-959-5
40,40 €