Bei der Fertigung von Verkehrsmitteln wie Kraftfahrzeugen, Schienenfahrzeugen und Verkehrsflugzeugen ist die erfolgreiche Umsetzung von Leichtbauansätzen von grundlegender Bedeutung. Eine Möglichkeit dazu bietet die Verwendung von Formteilen aus faserverstärkten Kunststoffen (FVK). Werden Formteile aus FVK in Verkehrsmitteln eingesetzt, müssen sie hohe Anforderungen an den Brandschutz erfüllen. In diesem Zusammenhang nehmen Phenolharzsysteme eine Ausnahmestellung unter den duroplastischen Matrices ein, da sie ohne weitere Brandschutzmodifizierung als Matrixmaterial verwendet werden können.
Der Einsatz von Phenolharzsystemen als Matrixmaterial für FVK-Bauteile birgt jedoch zwei wesentliche Herausforderungen. Zum einen ist dem Herstellungsprozess der Formteile besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Unter den derzeit eingesetzten Prozessen zur Herstellung von FVK-Bauteilen bietet das RTM-Verfahren großes Potenzial für die Serienfertigung. Da die Formgebung und die Vernetzung in einem geschlossenen Werkzeug realisiert werden, können die bei der Vernetzung von Phenolharzsystemen entstehenden Spaltprodukte jedoch nicht entfernt werden. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wird dargestellt, wie sich die im RTM- Prozess eingeschlossenen Spaltprodukte auf die mechanischen Eigenschaften und das Brandverhalten von Formteilen mit Phenolharzmatrix auswirken. Des Weiteren wird erörtert, ob die Formteileigenschaften durch die Prozessführung gezielt beeinflusst werden können.
Die zweite Herausforderung beim Einsatz von Phenolharzsystemen als Matrixmaterial für FVK-Bauteile liegt darin, ausreichend hohe mechanische Eigenschaften sicherzustellen. Die Eignung eines neuen Ansatzes zur Eigenschaftsmodifizierung von Formteilen mit Phenolharzmatrix wird im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit tiefgehend analysiert und bewertet.
Zur Eigenschaftsmodifizierung werden flüssige Partikel-Präkursoren eingesetzt, die erst während der Vernetzungsreaktion des Phenolharzsystems in situ zu feststoffförmigen Partikeln umgesetzt werden. Mit Hilfe eines umfassenden Kennwert-Vergleichs von RTM-Formteilen, die ohne Partikel-Präkursoren hergestellt werden, mit den Eigenschaften von Formteilen, deren Matrixsystem durch Präkursoren modifiziert ist, wird der Einfluss der flüssigen Partikel-Präkursoren auf die mechanischen Eigenschaften und auf das Brandverhalten diskutiert.