Durch die Untersuchung der Einsatzfähigkeit von innovativen Spritzgießsonderverfahren aus dem Bereich der Fluidinjektionstechnik in der Elastomerverarbeitung werden neue Möglichkeiten zur Herstellung von Elastomerformteilen aufgezeigt, die es erlauben, Anwendungsgrenzen zu überschreiten und Kosten zu reduzieren. Die betrachteten Verfahren sind zum einen die Gasinjektionstechnik (GIT), bei der durch die Injektion eines Prozessmediums Hohlräume in Kunststoffformteilen erzeugt werden, und zum anderen das Elastomerschaumspritzgießen mit Hilfe einer speziellen Treibfluidinjektionsdüse, bei der das Treibfluid über poröse Sintermetallhülsen während des Einspritzvorgangs im Polymer zudosiert wird. Bei beiden Verfahren wird Stickstoff als Prozessmedium eingesetzt. Ziel der Arbeit ist es, die beiden Verfahren an die Besonderheiten der Verarbeitung von Elastomermischungen anzupassen. Besonderheiten sind neben den thermischen Randbedingungen im Prozess die rheologischen Eigenschaften und die chemische Vernetzung des Werkstoffs. Weiterhin wird der Einfluss der Materialeigenschaften und der Einstellgrößen auf ausgewählte Qualitätsmerkmale untersucht. Da sich die beiden Verfahren durch die Anlagentechnik, den Prozessablauf und die Qualitätsmerkmale der spritzgegossenen Formteile unterscheiden, gliedert sich diese Arbeit entsprechend der untersuchten Verfahren in zwei Teile. Im ersten Teil wird die GIT zur Verarbeitung von Flüssigsilikonkautschuk (LSR) und zur Verarbeitung von verschiedenen Elastomermischungen auf Basis von EPDM- und EVM-Kautschuken im Spritzgießprozess angewendet. Wegen des für die GIT sehr günstigen Verarbeitungsverhaltens des LSR lassen sich gezielt Hohlräume erzeugen. In Abhängigkeit der Einstellgrößen Werkzeugtemperatur und Gasverzögerungszeit und der Verarbeitungseigenschaften sowie der geometrischen Randbedingungen ist die gezielte Variation der Restwanddicke möglich. Insbesondere durch die einstellbare Reaktivität steht, anders als bei der Verarbeitung von Thermoplasten im GIT-Prozess, eine zusätzliche Einflussgröße zur Verfügung. Mit der Integration von Geflechtschläuchen aus Glasfaser bzw. Polyamid, die direkt ins Werkzeug eingelegt, umspritzt und hohlgeblasen werden, und der Herstellung von Hart/Weichverbunden mit funktionellen Hohlräumen werden weitere Möglichkeit zur Prozess- und Funktionsintegration aufgezeigt und untersucht. Im Gegensatz zur Verarbeitung von LSR ist die reproduzierbare Herstellung von hohlgeblasenen Formteilen mit den eingesetzten EPDM- und EVM-Mischungen nicht möglich. Im zweiten Teil der Arbeit wird nachgewiesen, dass die Treibfluidinjektionsdüse für die Verarbeitung von Elastomermischungen auf Basis von NBR-Kautschuken geeignet ist. Durch die Variation der Einstellgrößen Füllgrad, Massetemperatur und Gasdruck lassen sich die Qualitätsmerkmale des Elastomerschaums wie Dichte, dynamische Federsteifigkeit und Zellstruktur beeinflussen. Ebenso wirken sich die Mischungseigenschaften auf die realisierbare Zellstruktur aus. Der Einfluss der geometrischen Randbedingungen wird anhand von zwei Formteilen mit unterschiedlichen Oberflächen/Volumenverhältnissen untersucht.
Hendrik Wehr
Fluidinjektionstechnik im Elastomerspritzgießprozess
168 Seiten
Paperback
Reihe : IKV
Bandnummer : 130
ISBN : 978-3-89653-964-9
40,40 €