Die Herstellung komplexer optischer Komponenten aus Kunststoff beinhaltet die Herausforderung, neben wirtschaftlichen Herstellungsverfahren zugleich optimale optische Eigenschaften der Bauteile sicherzustellen. Neben den inneren Eigenschaften und der Abformgenauigkeit beeinflusst auch die Ausrichtung der optisch aktiven Flächen zueinander die optische Leistungsfähigkeit der replizierten Linsen. Bereits eine laterale Verschiebung im einstelligen Mikrometer-Bereich kann die definiert ausgelegten Strahlengänge einer Kunststoffoptik negativ beeinflussen.
Der Einsatz konventioneller Zentriersysteme im Spritzgießwerkzeug, beispielsweise Führungssäulen oder Flachführungen, reicht nicht aus, um die geforderten Genauigkeiten im einstelligen Mikrometer-Bereich umzusetzen. Daher werden aktuell Zentrierfehler in optischen Systemen über den Einsatz mehrerer Linsen kompensiert oder durch eine mechanische Nachbearbeitung der Linsen oder Fassungssysteme reduziert. Dieses Vorgehen widerspricht einer wirtschaftlichen Produktion und dem Anspruch einfacher und leichter optischer Systeme. Mit dem in der vorliegenden Arbeit entwickelten, neuartigen Spritzgießwerkzeug mit integrierter Justageeinheit besteht die Möglichkeit, den düsenseitigen Formeinsatz im Bereich von 100 μm lateral mit einer Genauigkeit im Bereich weniger Mikrometer zu verstellen. Auf diese Weise kann der resultierende Zentrierfehler der abgeformten Linsen in einem iterativen Prozess beeinflusst und minimiert werden. Eine nachträgliche Kompensation des Zentrierfehlers innerhalb optischer Systeme wird dadurch eingespart.
Zur Umsetzung des Werkzeugkonzepts mit integrierter Justageeinheit wird ein Kreuztisch für die düsenseitige Werkzeughälfte entwickelt, der in ein Spritzgieß- und Spritzprägewerkzeug integriert wird. Durch eine maschinenungebundene Zentrierung und Ausrichtung der optischen Formeinsätze können reproduzierbar Zentrierfehler im einstelligen Mikrometer-Bereich umgesetzt werden. Als Antrieb der Justageeinheit werden zwei Konzepte umgesetzt und grundlegend verglichen. Zum einen kommen temperierte Wärmedehnbolzen zum Einsatz, zum anderen werden Piezo-Aktuatoren integriert. Diese ermöglichen im Vergleich zu den Wärmedehnbolzen eine reproduzierbare, schnelle und genauere Verstellung. Um die Leistungsfähigkeit der neu entwickelten Werkzeugtechnik zu überprüfen und erstes Prozesswissen über die Minimierung von Zentrierfehlern im Spritzgießprozess aufzubauen, werden im Rahmen der Inbetriebnahme in grundlegenden Untersuchungen wichtige Charakteristika des Werkzeugkonzepts untersucht. Dazu werden bikonvexe Linsen mit asphärischen Oberflächen abgeformt, die Aussagen über den resultierenden Zentrierfehler ermöglichen. In systematischen Untersuchungen werden Aussagen zur Stabilität des Zentrierfehlers während der Abformung der Kunststofflinsen getroffen. Der Zentrierfehler der hergestellten Kunststofflinsen liegt reproduzierbar unterhalb der geforderten Toleranz von 10 μm.
Ein zweiter Untersuchungsschwerpunkt beschäftigt sich im Rahmen der Inbetriebnahme mit dem Einfluss der Prozessparameter auf den resultierenden Zentrierfehler, um in späteren Fertigungen den Zentrierfehler trotz eines optimal eingestellten Herstellungsprozesses minimieren zu können. Im letzten Schritt wird der Einfluss des Zentrierfehlers auf die optischen Eigenschaften der replizierten Linsen aufgezeigt.
Mit der Entwicklung des neuartigen Spritzgießwerkzeugs mit integrierter Justageeinheit und integrierten Piezo-Aktuatoren steht eine neue Möglichkeit zur Herstellung von Präzisionsbauteilen mit speziellen Anforderungen an die Ausrichtung zweier Oberflächen zueinander zur Verfügung. Die durchgeführten Grundlagenuntersuchungen belegen das Potenzial der neuen Werkzeugtechnik und liefern erste Richtwerte für erzielbare Genauigkeiten in der Abformung der optischen Präzisionsbauteile.