Chiralität ist ein wichtiges und interessantes Phänomen in der Natur. Der Begriff stammt aus
dem Griechischen (cheir = Hand) und bedeutet, dass sich zwei Gegenstände nicht zur
Deckung bringen lassen, die sich zueinander wie Bild und Spiegelbild verhalten, wie z. B. die
rechte und die linke Hand eines Menschen. Insbesondere auf molekularer Ebene spielt die
Chiralität oft eine entscheidende Rolle, da die meisten Moleküle mit biologisch wichtigen
Funktionen Chiralitätszentren aufweisen. So erfüllen z.B. Proteine vielfältige lebenswichtige
Aufgaben im menschlichen Körper, denn sie fungieren u. a. als Enzyme, Hormone,
Antikörper sowie als Transport- und Speichermoleküle. Ähnlich nehmen Kohlenhydrate
besonders bei biologischen Prozessen wie der Zell-Zell-Erkennung, der Zelladhäsion oder
dem zellulären Transport eine Schlüsselrolle ein.
Interessanterweise bestehen Proteine
hauptsächlich aus L-Aminosäuren, die in der Natur durch enzymatische Prozesse
enantiomerenrein synthetisiert werden, und Kohlenhydrate werden durch Biokatalysatoren
größtenteils in der D-Form hergestellt. Von beiden enantiomeren Formen eines chiralen
Moleküls ist folglich oft nur eine von Bedeutung. Führt man dem menschlichen Körper beide
enantiomeren Formen eines künstlichen oder natürlichen chiralen Moleküls zu, lösen sie
aufgrund unterschiedlicher diastereomerer Wechselwirkungen mit der Umgebung z. T. völlig
verschiedene Effekte aus. Die Enantiomere werden vom Körper in unterschiedlichem Ausmaß
aufgenommen, transportiert und metabolisiert. Einige unterscheiden sich darüber hinaus in
ihrer biologischen Aktivität bzw. Toxizität und können bei Wechselwirkungen mit Geruchs oder
Geschmacksrezeptoren sogar verschiedene Sinneseindrücke verursachen: Während z.B.
das (S)-(+)-Carvon nach Kümmel riecht, hinterlässt das (R)-(−)-Carvon einen
minzartigen Geruchseindruck…