In den letzten hundert Jahren waren es immer wieder die Produkte der Natur, die die
Synthetiker zu neuen Höchstleistungen getrieben haben. Die Totalsynthesen von z. B.
Vitamin B12, Palytoxin, Taxol, Vancomycin oder in letzter Zeit Ciguatoxin CTX3C3 belegen
dies eindrucksvoll. Mit neuen, immer selektiveren Methoden ist es heute möglich, nahezu
beliebig komplizierte Moleküle aufzubauen. Bei allen Fortschritten in der Methodik ist aber
das Ziel der organischen Synthese immer gleich geblieben: die möglichst effiziente und
selektive Synthese eines einzelnen Zielmoleküls. Diese Vorgehensweise hat bis vor wenigen
Jahren auch die Wirkstoffsynthese geprägt. Nach Auswahl einer geeigneten Zielverbindung
wird diese synthetisiert und getestet.
Anschließend wird die Wirkung durch systematische,
teils intuitive Abwandlung der Ausgangsstruktur optimiert. Durch Versuch und Irrtum gelangt
man so zu einem neuen Wirkstoff, wobei häufig viele tausend Varianten hergestellt werden
müssen, bis man ein marktfähiges Produkt in den Händen hält. Auch ein sehr gut
ausgestattetes und funktionierendes Syntheselabor kann heute kaum mehr als eine neue
Substanz pro Tag herstellen. Nicht zuletzt daher ist die Entwicklung von neuen Arznei- oder
Pflanzenschutzwirkstoffen ein langwieriger und teurer Prozess…