Das Thermoformen zählt in der Kunststoffverarbeitung zu den wichtigsten Verfahren zur Herstellung von Verpackungsartikeln und technischen Teilen. Bei der Entwicklung neuer Thermoformprodukte ist man bestrebt, die mögliche Wanddickenverteilung und damit die Bauteileigenschaften in Abhängigkeit des gewählten Halbzeugs und der Prozessparameter prognostizieren zu können, bevor zum Beispiel das Thermoformwerkzeug gefertigt wird. Aufgrund des hohen zeitlichen und materiellen Aufwandes ist es sinnvoll, das Verstreckverhalten des Thermoformhalbzeugs messtechnisch zu erfassen und darauf aufbauend das Thermoformverhalten für unterschiedliche Geometrien vorherzusagen. Aus diesem Grund wird im Rahmen dieser Dissertation ein Messverfahren zur Bestimmung des äquibiaxialen Materialverhaltens von Thermoformhalbzeugen unter praxisnahen Bedingungen entwickelt. Basierend auf dem gemessenen Verstreckverhalten von extrudierten Folien aus PS und PP wird eine hyperelastische Materialmodellierung nach dem Ansatz von Yeoh durchgeführt. Zudem dienen vergleichende Untersuchungen mit den bereits etablierten dehnrheologischen Verfahren des Reckrahmens Karo IV und des MIR dazu, die Leistungsfähigkeit der neu entwickelten Vorrichtung zu bewerten. Die Validierung der Materialmodellierungen anhand des Nachrechnens der Verstreckung innerhalb der Messverfahren zeigt eine sehr gute Korrelation zwischen Messung und Simulation. Die Beurteilung des Thermoformverhaltens erfolgt unter Zuhilfenahme von Umformsimulationen mit der Finite-Elemente-Methode. Anhand von einfachen, rotationssymmetrischen Becherbauteilen und der Betrachtung der Wanddickenverteilungen aus praktischen Thermoformversuchen und den Simulationen des Umformvorgangs basierend auf den verschiedenen Materialmodellen wird die Güte der Berechnungen bewertet. Die Simulationen, welche mit der Materialmodellierung basierend auf der Verstreckvorrichtung durchgeführt wurden, zeigen im Bodenbereich des Bechers eine sehr gute Korrelation zu den Messungen. Allerdings ist im Wandbereich über alle Simulationen ein S-förmiger Verlauf der berechneten Dickenwerte zu beobachten, der im unteren Bereich von den gemessenen Werten abweicht. Auch die Berücksichtigung des zeitabhängigen Materialverhaltens über die visko-hyperelastische Modellierung bringt keine Verbesserung. Abschließend werden Verbesserungsansätze im entwickelten Messgerät und bei der Simulation des Umformvorgangs diskutiert.
Lennart Ederleh
Simulative und experimentelle Untersuchungen zum Umformverhalten thermoplastischer Kunststoffe beim Thermoformen
156 Seiten
Paperback
Reihe : IKV
Bandnummer : 253
ISBN : 978-3-95886-026-1
39,50 €