Chiralität ist ein wichtiges und interessantes in der Natur auftretendes Phänomen. Der Begriff der Chiralität stammt aus dem Griechischen (cheir = Hand) und wurde vor über hundert Jahren von Lord Kelvin geprägt. Demnach sind zwei Gegenstände oder Moleküle chiral, wenn Bild und Spiegelbild nicht zur Deckung gebracht werden können. Ein anschauliches Beispiel stellt die rechte und die linke Hand eines Menschen dar. Nach Lord Kelvin sind zwei rechte (oder zwei linke) Hände homochiral, während rechte und linke Hand heterochiral sind. Insbesondere auf molekularer Ebene spielt die Chiralität oft eine entscheidende Rolle, da die meisten Moleküle mit biologisch wichtigen Funktionen stereogene Zentren aufweisen.
Die entscheidenden Bausteine der belebten Natur wie Aminosäuren (mit Ausnahme des Glycins) oder Zucker sind chiral und kommen zudem nur im hohen Überschuss einer Enantiomerenform natürlich vor. Daher ist es nicht weiter verwunderlich, dass lebende Organismen unterschiedliche Reaktionen auf enantiomere Verbindungen zeigen. Somit wird verständlich, dass jedes Enantiomer eines Enantiomerenpaars bedeutend unterschiedlich mit seiner chiralen Umgebung wechselwirkt. Auf Grund dieser unterschiedlichen Wechselwirkungen ist es insbesondere bei der Synthese pharmakologisch aktiver Substanzen für Arzneimittel, bei Duft- und Aromastoffen6, und in zunehmendem Maße auch bei Agrochemikalien wichtig, beide Enantiomere auf ihre biologische Aktiviät bzw. Toxizität und die physiologische Wirkung auf Organismen zu untersuchen. Wie deutlich sich die Wirkung zweier Enantiomere unterscheiden können, wird am Beispiel von Ethambutol (Myambutol) erläutert…